Ich treffe hier bei den Gästen(Flüchtlingen) viele Muslime, nur wenige Christen. Mittags nach dem Mittagessen bieten Andrea und ich Brettspiele an, wir spielen „Dame“, „Mensch Ärger Dich nicht“ und „Trenta“. Am zweiten Sonntag hatten einige Mitglieder der benachbarten kath. Gemeinde die Männer aus unserem Zentrum zum Mittagessen eingeladen, es gab Spaghetti und die Nigerianer kochten nach Rezepten aus ihrer Heimat. Eine bunte Gesellschaft war zusammen und danach wurde noch getanzt.
Gemeinsames Mittagessen der „Gäste“ in der Pfarrgemeinde
Sonntags fuhren wir Voluntäre nach Marina di Ragusa ans Meer und samstags schauten wir uns in Caltagirone wunderbare gut erhaltene Mosaike aus griechischer Zeit an. Es war schön, ein Auto zu haben und so am Wochenende etwas vom Land zu sehen. Die Landschaft ist sehr schön und die Temperaturen waren auch angenehm.

Der Strand bei Marina di Ragusa
Die Konflikte zwischen den Flüchtlingen im Zentrum nahmen zu und die Stimmung wurde schlechter. Die Gründe waren sehr unterschiedlich. Die meisten Gäste sind Nigerianer und bekommen vermutlich einen negativen Bescheid, da sie als Wirtschaftsflüchtlinge gelten. Das Taschengeld war immer noch nicht da und im OG waren zwei von vier Duschen nicht nutzbar. Freitags versammelten sich plötzlich viele Gäste vor dem Büro, es wurde laut. Die Leiterin kam aus dem Büro, und im Flur fand dann plötzlich eine Diskussion darüber statt, warum immer noch kein Taschengeld ausbezahlt wird. Die Gäste vermuteten, dass die Leiterin das Geld gar nicht ausbezahlen will, weil angeblich in allen anderen Zentren das Taschengeld schon bezahlt wurde – alle zwei Monate sollte es bezahlt werden, hier wartete man nun schon fast drei Monate. Endlich am Montag wurden dann die Schecks ausgegeben und das Taschengeld konnte bei der Bank geholt werden. Wir haben nun schon zwei Wochen jeden Tag das Mittagessen im Zentrum eingenommen, es gab entweder Reis mit Soße oder Spaghetti mit Soße, sonst keine Abwechslung. Ich spiele nun fast täglich mit den Gästen Fussball, mal auf einem kleinen Steinplatz, mal auf einem großen Kunstrasenplatz, die Jungs gingen bisher sehr rücksichtsvoll mit mir um, mein Alter wird respektiert 😉
Mittwochabend ist Bibelkreis bei den Jesuiten und dank einer Simultanübersetzung in englisch konnten wir auch etwas verstehen. Wir hörten ein Kapitel aus dem Buch Tobit und fast eine Stunde las Cesare, der Jesuit, und erläuterte diesen Text. Nach diesem ersten Teil gehen die meisten aber ca. 12 Personen blieben noch da, die sehr persönlich ihre eigenen Erfahrungen erzählten, an die sie durch den Text erinnert wurden. Auch wir wurden eingeladen uns mitzuteilen. Mir fiel zu diesem Text ein Lebensthema ein: „begleiten und begleitet werden“, was ich auch in diesen Tagen hier in mehrfacher Hinsicht erlebe. Ich werde begleitet von der Gruppe der GCLer und ich begleite zeitweise andere Menschen, seien es Operator, Gäste oder jemand aus unserer Gruppe..
Da wir als Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit vorgestellt wurden lud uns die Italienerin Mariella ein sie am nächsten Dienstag bei einem anderen Dienst zu begleiten, den sie ehrenamtlich tut.
Dienstagmorgens holte uns Mariella ab und wir besuchten „vo.cri“ (Assocciazone di Volontario Christiano ONLUS), in dem 90 Freiwillige jede Woche von montags bis samstags arbeiten. Gegründet wurde dies am 29. Januar 1993 von Concetta. Diese alte Frau ist auch heute noch mit Stock im Laden und hilft mit. Aber es sind alle Altersklassen von Helfern vertreten, die pro Tag ca. 50 Familien und insgesamt ca. 300 Familien betreuen. Vor der Öffnung morgens wird bei 20 Bäckern um Backwaren gebeten, welche dann später ab 9.00 Uhr an die Hilfsbedürftigen verteilt werden. Daneben werden Kleider ausgegeben. Das Kleiderlager ist übervoll. Im Obergeschoss sind Räume für eine Hausaufgabenhilfe, in die 30 Kinder von dreizehn Nachhilfelehrern betreut werden. Salvatore führte uns durch das Zentrum, dessen Räume vom Bischof kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Vo.cri erhält kein Geld vom Staat und finanziert sich nur aus Spenden. Gemäß dem Aufruf des Papstes wurde in diesem Haus einer fünfköpfigen Familie aus Tunesien eine Wohnung gegeben. Mich berührte besonders das Motto der Gruppe „amare … servendo“ (durch dienen lieben). Auch wenn ich fast alles nur auf italienisch erklärt bekomme und vieles erraten muss, meine ich alles verstanden zu haben, es ist dieser klar spürbare Geist.
Sizilien hat seit 1998 sehr viele Flüchtlinge und die Menschen sind immer noch gastfreundlich und engagieren sich. Ich wünsche mir diesen Geist auch in meiner Heimat für die Zukunft.
Heimfahrt von Siracusa
Auf der Heimfahrt von Siracusa erlebten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang. Obwohl die Landschaft manchmal recht karg ist, wachsen hier noch viele Pflanzen üppig . Über die vielen Farben können wir nur staunen. Es gibt so viele Farben und weniger Farben wäre sicher trister.